In den nächsten Jahren werden in Baden-Württemberg weitere Atomanlagen in Neckarwestheim, Philippsburg und Karlsruhe zurückgebaut. Dabei fallen weitere Hunderttausende von Tonnen Abbaumaterial für Deponien und Müllverbrennungsanlagen an. Von jeder betroffenen Deponie könnte dann eine radioaktive Strahlenbelastung ausgehen, die sich laut Strahlenschutzverordnung in einem „Bereich von 10 μSv“ bewegen darf, d.h. sie kann auch darüber liegen. Was dabei in die benachbarte Umwelt gelangt, wurde bisher nicht geprüft. Ein noch größerer Teil des Abbaumaterials soll „frei verwertet“ werden. Das bedeutet, es kann günstig wiederverwendet werden, z.B. als Beton im Straßen- & Gebäudebau, als Metall für Kochtöpfe oder Autoteile – überall dort, wo der Mensch ist.
Das immer wieder benutzte Argument, dass die natürliche Strahlung um einiges höher sei, kann die Initiative nicht akzeptieren. Die künstlich erzeugte radioaktive Strahlung durch den Menschen nimmt seit Beginn des Atomzeitalters stetig zu. Globale Atombombentests, Uranmunition, Tschernobyl und Fukushima sind neben den Atomkraftwerken nur einige Beispiele. Die künstlich erzeugte Radioaktivität muss immer zur natürlichen Aktivität dazugezählt werden und erhöht insgesamt das Gesundheitsrisiko, wie z.B. Krebsleiden. Die Folge ist großes menschliches Leid der erkrankten Menschen. Dazu kommt die finanzielle Belastung der öffentlichen Kassen, die von allen Bürgern mit höheren Beiträgen oder weniger Leistungen getragen werden muss.
Die Initiative kritisiert die derzeitige Praxis, dass „Freimessung“ und Freigabe von Abbaumaterial aus Atomkraftwerken in einzelnen Freigabegenehmigungen geregelt wird. Mit diesem Vorgehen beraubt sich das zuständige baden-württembergische Umweltministerium der Möglichkeit, Einfluss auf den Verbleib des Mülls zu nehmen. Auf Nachfrage erhielt die Initiative vom Umweltministeriums im Juni 2013 die Auskunft: „Die die Messergebnisse dokumentierenden Detailprotokolle befinden sich nicht im Aktenbestand des UM.“ Seit 2009 fordert die Initiative, dies in den Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen zu regeln, um den Verbleib des Abbaumaterials steuern zu können – bisher ohne Erfolg.
Die Initiative AtomErbe Obrigheim ruft im Internet zu Spenden für ihr Klageverfahren auf und fordert, dass auch der „freigemessene“, aber weiterhin radioaktiv belastete Müll am Standort verbleibt, bis klar ist, wie viel Material insgesamt für alle deutschen Atomkraftwerke anfällt und wo es endgültig hin soll. Im AKW Obrigheim stehen mittlerweile Gebäude leer, z.B. das Maschinenhaus, die entsprechend genutzt werden könnten.