Atommüll-Transport mit Rückfahrkarte

Sonntagsspaziergang am Atomkraftwerk Obrigheim

„Containerweise aufgestapelter Atommüll lagert zur Zeit im Freien des Atomkraftwerks Obrigheim!“ eröffnete die Initiative AtomErbe Obrigheim ihren 6. Sonntagsspaziergang zum Tanzplatz am Hang oberhalb des Kraftwerks und begrüßte etliche interessierte Menschen. Die Container auf dem Kraftwerksgelände sind gut zu sehen. Mitglieder der Initiative berichteten, dass eine schriftliche Anfrage an die Atomaufsicht im baden-württembergischen Umweltministerium gerichtet wurde, aber bisher keine Antwort kam. Daher sei den Bürgern vor Ort nicht bekannt, um welche Teile und Strahlendosis es sich handle, wann der Transport geplant sei und ob er wieder per Schiff erfolgen wird, wie der letzte Transport im Mai dieses Jahres. Es mache den Eindruck, dass der Abbau mit Hochdruck vorangetrieben werde, und man befürchte, dass dies zu Lasten der Umwelt und Gesundheit gehe, nachdem weiterhin so viel Radioaktivität über Abluft und Abwasser abgegeben werden dürfe wie früher im laufenden Betrieb.

Bekannt ist, dass derzeit die 3. Abbaugenehmigung in Arbeit ist. Damit soll der Abbau der innersten Teile des AKW, also des Reaktordruckbehälters mit Einbauten und dem Biologischen Schild, einer mehr als 2 Meter dicken Betonumfassung, genehmigt werden. Die Mitglieder der Initiative haben die im Internet veröffentlichten Unterlagen gesichtet und berichteten, dass diese Teile stark radioaktiv verstrahlt seien und nur mit ferngesteuerten Maschinen abgebaut werden könnten. Des Weiteren sei unklar, ob diese Teile anschließend wiederholt von externen Drittunternehmen behandelt werden würden, also wieder ein Atomtransport quer durch Deutschland und zurück nach Obrigheim fällig werde. Denn für diesen schwach- und mittelradioaktiven Atommüll gebe es frühestens ab 2020 das Endlager Konrad. Beunruhigend sei auch, dass die KWO-Gebäude, die bis dahin zur Lagerung vorgesehen sind, bei Erdbeben einstürzen könnten, so dass Radioaktivität freigesetzt würde.

Neben dem Reaktorgebäude zog besonders das direkt an die Reaktorkuppel angebaute Notstandsgebäude die Aufmerksamkeit der Gruppe auf sich. Dort lagern bis heute 342 abgebrannte hochradioaktive Brennelemente aus dem Betrieb des Kraftwerks in einem stets zu kühlenden Nasslagerbecken. „Dies ist das größte Gefahrenpotenzial in diesem Atomkraftwerk. Störfälle wie z.B. Flugzeugabsturz, Explosionsdruckwelle, Erdbeben oder Feuer hätten katastrophale Auswirkungen. Radioaktivität würde austreten und die Umgebung kontaminieren!“, sorgt sich die Initiative und mahnt die Geschehnisse und fehlenden Lektionen von Fukushima an. Außerdem stelle es ein zusätzliches Risiko dar, wenn Systeme abgebaut würden, die mit für den Betrieb des Nasslagers im Notstandsgebäude benötigt würden. Die Umsetzung der Brennelemente in ein noch zu bauendes Zwischenlager verzögert sich seit Jahren und sei frühestens 2016 zu erwarten. Daher fordert die Initiative AtomErbe Obrigheim, auch mittels einer Klage beim VGH Mannheim, den Abbau-Stopp bis die Anlage kernbrennstofffrei ist!

Bedenklich sei auch der Umgang mit dem Abbaumaterial, welches radioaktive Stoffe unterhalb bestimmter Grenzwerte enthalte und in Folge dessen – z. B. als Beton im Straßenbau, Metall für Kochtöpfe oder ähnliches – frei verwertet werden kann. Seit längerer Zeit sei bekannt, dass auch Niedrigstrahlung gefährlich sei. Dies gehe aus einer Studie des Mainzer Kinderkrebsregisters von 2007 hervor, nach der im Umkreis von 5 km von Atomkraftwerken auffällig mehr Kinder an Leukämie erkrankten. In einer Studie des Niedersächsischen Landesgesundheitsamts von 2011 zum atomaren Zwischenlager in Gorleben wurde zudem festgestellt, dass in der Umgebung die Mädchengeburten stark zurückgingen.

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