SWR4, 25.07.12: „Atomkraft – Nein Danke“-Fahnen, „Atomkraft – Nein Danke“-T-Shirts und ein gelbes Atomfass. Die kleine Anti-AKW-Truppe auf dem Weg zur Infoveranstaltung von EnBW und Umweltministerium gestern Abend in Obrigheim.
Inge Behner: „Klar freuen wir uns, dass es abgeschaltet ist. Und wir freuen uns auch über diese Informationsveranstaltung. Nur es geht um wirklich hochgradig gefährlichen Atommüll, wie die Brennelemente, die da immer noch lagern, und da ist natürlich nach wie vor Sicherheit das höchste Gebot.“
Mit Ministerialdirektor Helmfried Meinel sind viele der anwesenden Aktivisten, viele der anwesenden Basis-Grünen per Du. Man kennt sich schließlich seit Jahren.
Helmfried Meinel: „Es gibt hier und da Sicherheitsbedenken und diese Fragen wollen wir einfach sehr offen diskutieren. Gibt es für die Zukunft noch etwas daraus zu lernen? Sie haben heute die Gelegenheit sich über den Rückbau des KWO zu informieren, Fragen zu stellen und Bedenken zu äußern.“
Der viel zitierte kritische Dialog mit den ebenso kritischen Bürgern. „Alles wunderbar, nur bitte nicht so!“, fordert die Bürgerinitiative AtomErbe Obrigheim. Sie will bei jeder neuen Rückbaugenehmigung rund um Obrigheim auch ein neues, umfangreiches Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren. Eine entsprechende Klage der Atomkraftgegner gegen die grün-rote Landesregierung liegt deswegen schon beim Mannheimer Verwaltungsgerichtshof. „Brauchen wir nicht. Sieht das Atomrecht nicht vor.“, kontert das grüne Umweltministerium. Die Infoveranstaltung heute Abend, die Möglichkeit ein paar Wochen lang per Internet Fragen und Anregungen anzubringen, all das muss reichen, wenn es um den weiteren Abbau des Atomkraftwerks geht.
Simone Heitz: „Wo, an welchen Bauteilen des KWO, gab es noch Leckagen mit möglicher Kontamination?“
Mit seitenlangen Fragenkatalogen konfrontieren Basis-Grüne ihre Vertreter im Umweltministerium. Stundenlang bombardieren sie die Herren mit Detailfragen rund um den nächsten Rückbauschritt in Obrigheim. Fragen, die an diesem Abend nicht mal ansatzweise beantwortet werden können.
Helmfried Meinel: „Kommen Sie dann zu uns und diskutieren Sie es. Also das soll jetzt nicht formal abgemeiert werden, dass wir natürlich hier nur eine begrenzte Zeit haben. Es ist hier für uns Open-End, ja? Wir begrenzen das hier nicht. Also dann kommen Sie vorbei und die Kollegen und Kolleginnen stehen Ihnen da zur Verfügung. Kein Thema.“
Christine Denz: „Das ist so eine Fülle von Fragen, wo auch immer wieder nachgefragt wird, wo man ganz deutlich merkt, wir bräuchten eigentlich tatsächlich einen Erörterungstermin, damit diese ganzen Fragen dann auch behandelt werden. Und die Geister, die ich rief, die werde ich nicht mehr los. Das merken sie hier ganz ganz deutlich. Und ich denke, das haben sie in dieser Form und in dieser Massivität, das haben sie nicht erwartet.“
Größtmögliche Sicherheit beim Rückbau
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Baden-Württemberg fordert Nachbesserungen beim Rückbau des AKW Obrigheim
24.07.12: „Im AKW Obrigheim lagern noch immer fast 350 hochradioaktive Brennelemente. Es ist bislang nicht festgelegt, wann diese ausgebaut und in Castor-Behälter umgeladen werden sollen“, erläutert BUND-Landesgeschäftsführer Berthold Frieß anlässlich der öffentlichen Informationsveranstaltung zum Rückbau des AKW Obrigheim und einer freiwilligen Bürgerbeteiligung des Umweltministeriums zur 3. Abbaugenehmigung, „bei allen Rückbauten von Atomreaktoren in Deutschland wurden die Brennelemente vor Beginn des Rückbaus aus den Anlagen entfernt. Dass dies in Obrigheim anders gehandhabt wird, ist faktisch ein Rückschritt. Wir fordern die größtmögliche Sicherheit auch beim Rückbau, deshalb müssen die Brennelemente aus dem Nasslager entfernt werden.“
Der Versuch der Atomaufsichtsbehörde und der Kraftwerkbetreiber, mit der Informationsveranstaltung und dem freiwilligen Anhörungsverfahren mehr Transparenz zu schaffen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. „Bürgerbeteiligung darf aber nicht zur Beliebigkeit verkommen. Es muss gewährleistet sein, dass das Ergebnis eines Verfahrens auch verbindlich Eingang in die Entscheidung findet“, so der BUND-Landesgeschäftsführer.
Zudem müssten die Erfahrungen aus Obrigheim in kommende Rückbauverfahren in Baden-Württemberg einfließen, zumal die Betreiber und die Aufsichtsbehörde identisch sind. „Es ist auch im Hinblick auf die anstehenden Kraftwerksrückbauten unumgänglich, im Falle des AKW Obrigheim höchstmögliche Sicherheitsstandards zu setzen“, sagte Frieß. An den weiteren baden-württembergischen AKW-Standorten Philippsburg und Neckarwestheim gibt es bereits je einen stillgelegten Reaktor. Jeweils ein weiterer Reaktorblock läuft bis Ende 2019 beziehungsweise Ende 2022 weiter.